Dass diese Vervielfältigungsmechanismen besonders innerhalb der Industriellen Revolution aufkamen, ist mit Sicherheit kein Zufall, im Gegenteil: mit dem Beginn des Maschinenzeitalters wurden nicht nur sämtliche Handwerke um technische Hilfsmittel erweitert, sondern viele fortan vor allem maschinell unterstützt oder fortgesetzt.1 Ab dieser Zeit konnten Druck- und Kopierunternehmen ihren Output multiplizieren. Zudem brauchte man, im Gegensatz zu traditionellen Druckverfahren, weder Ahnung bei der Arbeit mit Setzkästen oder externe Fachkräfte, was diese Art der Vervielfältiger für viele Menschen zugänglich machte.2
Mimeographen wurden gemeinsam mit Spiritusdruckern und Hektographen bei der Büroarbeit, in Klassenzimmern oder zum Druck politischer und kirchlicher Aushänge eingesetzt. Auch Theorieschriften, wie zum Beispiel die „Kritische Theorie“ von Theodor W. Adorno wurden in der Erstauflage auf einem Mimeographen gedruckt.3 James Schmidt, Professor für Geschichte, Philosophie und Politikwissenschaften an der Boston University schreibt dazu: „Der Titel [Philosophische Fragmente] hat gehalten, was seine ungewöhnliche Form der Verbreitung impliziert: Eine Sammlung von Fragmenten, unvollständig und vielleicht sogar widersprüchlich, mit einer Identität, die anders war als die konventionellen Produkte der Verlagsbranche“, einer Industrie, die „Produkte auf den Markt schmiss, die, wie Adorno später beobachtete, eher wie Anzeigen aussahen als wie Bücher.“4 Später wurden dann auch frühe Versionen von Fanzines mit dieser Technologie gedruckt, weil sie weit verbreitet und billig war. In den späten 1960er Jahren wurden Mimeographen, Spiritusdrucker und Hektographen nach und nach durch Fotokopierer ersetzt5, der Mimeograph war also der Zusammenschluss vieler Erfindungen, die bis dato existierten.
Die mittlerweile insolvente „A. B. Dick Company“6 kaufte in den 1880er Jahren einige Vermarktungsrechte an Druckpatenten von Thomas Alva Edison und verfeinerte diese Technik zur bereits erwähnten Mimeographie. Edison, ein Erfinder und Unternehmer auf dem Schwerpunkt der Elektrizität und Elektrotechnik7 genoss zu diesem Zeitpunkt schon eine gewisse Reputation durch seine Erfindungen. So begann Edison bereits 1875 inspiriert durch die Arbeit an der Telegraphentechnik 19 mit der Entwicklung des elektrischen Stiftes und legte mit elektrischen Druck- und Kopiertechniken den Grundstein für diese Entwicklung.8
Der elektrische Stift war das erste Produkt von Thomas Edison für den Massenmarkt. Die elektrisch bewegte Nadel im Stift perforiert beim Schreiben oder Zeichnen eine Vorlage, die dann als Schablone für die Vervielfältigung benutzt werden kann.9 Das erste serienreife Produkt der A. B. Dick Company wurde 1887 unter dem Namen „Model 0“ vertrieben10 und kostete $ 12, was nach einem Umrechner im Jahr 2017 etwa $ 294,85 entspricht. 1112
Während 1887 zunächst Flachbettgeräte zum Einsatz kamen, wurden diese etwa später von Maschinen mit rotierendem Zylinder ersetzt, so wie sie auch die Firma Gestetner, benannt nach dem ungarischen Erfinder David Gestetner13 in England unter dem Namen „Cylostyle“ herstellte.14 Diese Maschine war die erste, bei der das Papier auf einem Flachbett liegt und unter den rotierenden Tintenwalzen verläuft. Dieses Verfahren legte die Weichen für eine automatisiertere, schnellere Reproduktion, bei der die Seiten durch die Walzen eingezogen und durch die Maschine bewegt wurden, anstatt immer nur ein einzeln eingelegtes Blatt Papier zu bedrucken. Gestetner arbeitete zu dieser Zeit an der Wiener Börse und hatte täglich die Börsenberichte abzuschreiben. Aus dieser Tätigkeit entwickelte er den ersten Kopierer, bei dem anstatt auf Papier auf eine Wachsschablone geschrieben wurde und diese als Kopiervorlage verwendet wurde. Gestetner ging daraufhin nach London, wo er im Jahr 1881 die „Gestetner Cyclograph Company“ gründete, die die Schablonen und die Stifte für sein Verfahren herstellte. Durch Weiterentwicklung des Verfahrens war es im Jahr 1890 bereits möglich, 1200 Kopien pro Stunde herzustellen. Sein 1881 patentierter Cyclostyle wurde und wird im Volksmund auch einfach kurz Gestetner genannt.
Das dem Cyclostyle unterliegende Verfahren, bei dem gewachste Papiere vor dem Druck mit einem dünnen Stift perforiert werden, damit an den zu druckenden Stellen Farbe durch das Papier kommt, ist hierbei immer ähnlich. Das Interessante an David Gestetners Maschinen war, dass sie wesentlich besser ausgestattet waren als die amerikanischen Varianten, die zu dieser Zeit existierten: Während amerikanische Mimeos mittels interner Bürsten und Zentrifugalkraft die Farbe verteilten, nutzte David Gestetner das weitaus versiertere System von „schwankenden Rollen“. Darüber hinaus hatten die Gestetner-Maschinen auch anspruchsvollere Methoden um die Registrierung der Farbauszüge zu verbessern, was ihn für zwei- und dreifarbige Mimeograph-Arbeiten sehr gut eignete.15
1906 eröffneten schließlich die Gestetner-Werke in Tottenham, nördlich von London und unterstrichen die Reichweite dieser Erfindung16, lange bevor 1929 niemand Geringeres der amerikanische Industriedesigner Raymond Loewy engagiert wurde, um das Aussehen des Mimeographen zu verbessern. 17
Parallel konnte die A. B. Dick Company bis 1889 etwa 20 000 Geräte alleine in den USA verkaufen und etablierte so die Kopiertechnik in Firmen und Behörden der damals noch jungen Nation, während Edisons eigene Geräte als zu technisch angesehen wurden und er somit weitaus weniger Geräte vertrieben konnte.18