A

Vorwörter

Controlling the uncontrollable?

When I was asked to set up a new Lab for Printing and Publishing at the Van Eyck in Maastricht, I immediately realised that the Riso Duplicator would play an essential role in it. For many years, I worked, mostly with graphic designers, on publications printed in offset by a selected group of printers and bookbinders. Artists always felt uncomfortable to give main parts of the production out of their hands to external professionals, even though we always monitored the test runs.

By giving the duplicator a central role in an environmentally friendly lab the artists could stay very close to the production process and make adjustments to their liking. Additionally, we offered peripheral equipment to be able to produce low edition artists’ books from A to Z. The Charles Nypels Lab was born and proved to be a success. Besides the argument of direct and low-cost accessibility to a press, the typical raw aesthetics of stencil printing with its vibrant colours are the most appealing characteristics embraced by a large and growing group of artists and designers.

After a long period in the offset world, the transition to stencil printing was a very liberating experience to me. Suddenly a lot of stress factors in production fell away, like subtle colour controls, resolution issues and registration on a micro-level. The focus was on content again.

Ironically, nowadays more and more appealing Riso colour charts and manuals are produced by colleagues who put a lot of effort into it. Mostly to communicate with their clients or out of pure joy, but also in trying to “control the uncontrollable”.

At the biennial Magical Riso conference organised by the Printing & Publishing Lab [then known as Charles Nypels Lab], a gathering of the main players in Risography, the request to Riso to start producing CMYK colours is a recurring topic. I truly hope that Riso will resist, it will degrade our beloved stencil technique to a “poor mans offset”.

Exploriso: Low-tech Fine Art by Sven Tillack is a courageous undertaking to write a new benchmark to Risography, with a focus on its technical aspects. I can imagine a publication like this will have regular updates in the future since fortunately, the stencil technique is more alive than ever. Many young colleagues are starting the adventure. I’m grateful to Spector Books that they provide the world with an English edition.

 

Jo Frenken

Head of the Jan van Eyck Academie Printing & Publishing Lab

Jan van Eyck Academie, Maasticht

Die Technik der Ästhetik und die Ästhetik der Technik. Die Risographie als Grenzverhandlung des Ästhetischen

Einem herkömmlichen wie verbreiteten Verständnis der Kunst handelt es sich bei Kunst und Technik um Gegensätze: Das, was Kunst ist, definiert sich gerade durch Abgrenzung zur Technik; das, was Technik ist, ist dadurch, dass es Technik ist, nicht Kunst. Das Technische wird in dieser Vorstellung als das Mechanische, Tote wie das bloß Instrumentelle verstanden, die Kunst hingegen als das Organische, Lebendige und das Eigenlogische.

Dass diese Unterscheidung keineswegs so plausibel ist, wie sie zunächst aussehen mag, lässt sich leicht dadurch einsehen, dass es ohne Technik keine Kunst gibt. Alles hängt hier natürlich an der Frage, was man unter Technik genau versteht. Gemeint ist weniger Technik im Sinne der fortschreitenden praktischen Naturbeherrschung, sondern vielmehr im Sinne spezifischer künstlerischer Verfahrensweisen wie künstlerischer Medien. Künstlerische Verfahrensweisen meinen die Prinzipien, anhand derer ein Kunstwerk seine Materialien organisiert und zugleich konstituiert werden. Darunter fällt nicht allein der in jedem musikalischen Werk, das so zu beschreiben ist, je eigene Rückgriff auf die konventionelle Unterteilung des Tonsystems in 12 Halbtöne in der europäischen Musiktradition – verstanden als besonderes Verfahren, Klangliches dadurch zu konstituieren, dass es in bestimmter Weise organisiert wird. Darunter fällt vielmehr auch ein Verfahren wie in Michael Hanekes Caché, bei dem durch die narrative Verunsicherung über den Status einiger filmischer Bilder alle Bilder des Films einem unsicheren Status zugeführt werden. Ebenso fällt darunter ein Verfahren wie in Thomas Bernhardts Auslöschung, das Sprache im Rahmen einer überzeichneten Erzählhaltung so  organisiert, dass die behandelten Themen einer ebenso kalkulierten wie grotesken Eskalation zugeführt werden.

Unter künstlerischen Medien hingegen ist das zu verstehen, was in der Hervorbringung des Kunstwerks zum Einsatz kommt und diese allererst – als Hervorbringung dieses jeweils spezifischen Kunstwerks – ermöglicht. Dazu gehören offensichtlich nicht allein Papier und Stift, sondern auch Kameras und Computer – und eben auch das Verfahren der Risographie. Für künstlerische Medien  ist charakteristisch, dass sie zu künstlerischen Medien allein durch den Gebrauch werden. Nicht alles, was mit einem Stift produziert wird, ist Kunst; nicht alles, was mit dem Computer hergestellt wird, ist Kunst. Und nicht alles, was mit dem Risographen  produziert wird, ist Kunst. In Sven Tillacks hier vorliegenden Überlegungen zur Geschichte, Technik und Ästhetik der Risographie finden sich gleichwohl Elemente dessen, was man eine Ästhetik der Risographie nennen könnte. Sie würde nicht allein oder vornehmlich in der Ebene des Aussehens dessen, was durch das Verfahren der Risographie hergestellt worden ist, bestehen. Vielmehr bestünde sie in einem besonderen, nämlich ästhetischen Gebrauch der Risographie. Was zu einem solchen gehören könnte, dazu geben Sven Tillacks Überlegungen einige Anhaltspunkte. Wenn leichte Passerungenauigkeiten dazu führen, dass die Ausdrucke eben nicht mehr „clean“ und austauchbar sind, so bietet die Risographie hier – vergleichbar aber gerade nicht identisch etwa mit der Nutzung defekter Drucker, die Artefakte auf den Ausdrucken produzieren oder in anderer Weise mit dem Gebrauch von Geräten, die in kalkulierter Weise nach kurzer Zeit den Geist aufgeben – dahingehend besondere ästhetische Möglichkeiten, dass die mit ihr hergestellten Gegenstände den eigenen Herstellungsprozess ästhetisch reflektieren können. Man könnte hier nicht allein von einer Technik des Ästhetischen sprechen, sondern vielmehr auch von einem Ästhetischwerden der Technik – die sich im Fall der Risographie ganz handgreiflich in die Produkte einschreibt und die Besonderheit ihrer Herstellung sichtbar werden lässt. Das Buch von Sven Tillack zeigt insgesamt, dass die Risographie in ihrem unklaren Status zwischen einem bloß technischen Verfahren und einer spezifischen Ästhetik gerade deshalb ein interessanter Gegenstand für die ästhetische Praxis wie Theorie ist, da ihre Möglichkeiten bis heute keineswegs erschöpfend ausgelotet sind.

1
2
3
4